1. Unsere Maria
  2. Krankheit
  3. Gedanken
  4. Danach


Dominik kam am 10.12.1991 zur Welt und wir hatten beschlossen gleich nach der Geburt ein weiteres Kind zu bekommen. Nach zwei Fehlgeburten jeweils in den 6 Schwangerschaftswochen, wurde ich ein drittes Mal schwanger. Maria kam am 26.12.1993, einen Tag nach dem errechneten Geburtstermin auf die Welt. Die Freude war riesig, da wir uns ein Mädchen wünschten und auch bekamen.

Maria war ein Kind das jeder gern hatte, sie war fast immer gut gelaunt und wickelte jeden um den Finger.  Man konnte ihr einfach nie böse sein, egal was sie auch anstellte.

Wenn man mal schimpfen musste, dann kam sie schon wieder nach fünf Minuten als ob nichts gewesen wäre. Maria war eine richtige Schmusekatze und konnte vom Kuscheln und Schmusen nie genug bekommen.

Maria konnte zwar schon mit 10 Monaten gehen, aber im Waggerl zu sitzen war halt doch nicht so anstrengend, als alles zu Fuß zu gehen. Beim Fahrradfahren hatte sie anfangs auch keine Ausdauer, sie hat die Sportlichkeit eben von mir geerbt.

Da mein kleiner Bruder Simon mit 6 Monaten am Kindstod gestorben ist, hatte ich bei beiden Kindern ein Atmungsüberwachungsgerät, es beruhigte mich einfach den ganzen Tag das Piepsen zu hören. Manche Leute meinten ich quäle meine Kinder mit dem Gürtel um den Bauch, aber die Meinung von anderen, war mir in diesem Fall völlig egal.

Dominik ist mit 1 ½ Jahren ins Biotop gefallen, ich habe ihn am Bauch treibend gefunden und sofort herausgezogen, in diesem Moment dachte ich er seit tot, weil er so leblos und schwer war. Mein Vater machte Mund zu Mund Beatmung und Herzmassage, danach fuhren wir mit dem Notarzt ins Krankenhaus nach Mödling. Damals war ich im 5 Monat schwanger und trotz meiner Hysterie hat Maria dadurch keinen Schaden davongetragen.

Bei Dominik konnte ich mich auf meine Instinkte verlassen. Als er einmal vom Spielen nach Hause kam, hatte er einen blauen Fleck am Schienbein. Meine Kinder hatten öfters blaue Flecken, doch diesmal sah er für mich anders aus. Am nächsten Tag entdeckte ich an der Hand drei rote Punkte, sie sahen aus wie Insektenstiche. Daraufhin ging ich zum Hausarzt und bekam eine Überweisung für das Blutlabor. Der Hausarzt überwies Dominik mit dem Befund sofort ins Krankenhaus. Dominik hatte nur mehr 6.000 Thrombozyten, Normalwert war bei 150.000 bis 300.000, es war also höchste Eisenbahn.

Die zweite Ahnung die ich hatte bescherte uns auch zwei Wochen Krankenhausaufenthalt. Dominik hatte 39 Grad Fieber, ich empfand aber, dass die Hitze die er ausstrahlte anders war als normal. Ich wusste nicht was ich machen sollte, da ich nicht als hysterische Mutter hingestellt werden wollte. Dominik nahm mir sodann die Entscheidung ab, als er zusätzlich noch erbrach. Ich fuhr mit ihm ins Krankenhaus und es stellte sich heraus, dass er das Pfeiffer Drüsenfieber hatte. Er bekam am Tag darauf bis 41 Grad Fieber, hatte einen Schüttelfrost und redete wirres Zeug daher.

Bei Dominik hatte ich beide Male so ein Gefühl, dass es was Schlimmeres sein könnte, bei Maria hat mich dieses Gefühl verlassen und ich stelle mir immer noch die Frage WARUM!!!

Marias Lieblingsmotiv beim Zeichnen waren Herzerl, sie schrieb mir auch immer wieder kleine Liebesbriefe und versteckte sie in meiner Handtasche. Manchmal fand ich auch Süßigkeiten, die sie mir heimlich in die Handtasche steckte.

Bis zum Kindergarten war ihre Lieblingsfarbe Rosa und sie wollte immer nur Kleider mit Rüschchen anziehen, damit sie wie eine Prinzessin aussieht. Doch als sie in die Schule kam, wollte sie nur noch rote Hosen, rote T-Shirts, rote Schuhe und rote Vorhänge für ihr Zimmer.

Zu Weihnachten 2000 wünschte sie sich vom Christkind ein Herzerl so groß wie ein Haus. Maria hat ihren Wunsch jedem der sie gefragt hat, erzählt.

Meine Freundin kaufte ihr sodann als Weihnachtsgeschenk einen roten Herzerlpolster und diese Weihnachten wurden für Maria auch die schönsten Weihnachten.

Nachdem Maria diesen Herzerlpolster entdeckte, waren alle übrigen Geschenke nicht mehr interessant. Sie freute sich so sehr, dass sie zu weinen begann und sich mehrmals beim lieben Gott für dieses Geschenk bedankte.

Da sie ja der ganzen Familie erzählte was sie sich vom Christkind wünscht, bekam sie von ihrem Onkel auch einen Herzerpolster und es war für sie unfassbar, dass sie ihren Wunsch gleich zweimal erfüllt bekam.

In Marias Zimmer bestand alles in Herzform: Herzerl-Lampe, Herzerl-Wecker, Stofftiere mit Herzen, Couch in Herzform, Bettenüberzüge mit Herzerl, Trinkglas und Trinkschale mit Herzen usw.

Dominik und Maria freuten sich immer auf unsere Geburtstage, auf Vatertag und Muttertag. Denn da kauften sie beim Bäcker alles ein, was uns schmeckte und richteten das Frühstück bzw. eine Nachmittagsjause her. Genau zu meinem Geburtstag musste Maria in den Spital, da wieder einmal ihr Blutbild nicht passte, sie tat mir wahnsinnig leid, da sie auf solche Tage besonders großen Wert legte. Zum Muttertag wurde ihr so übel und musste brechen, so dass ihr Bruder den Frühstückstisch allein herrichten musste. Maria kuschelte sich währenddessen zu mir ins Bett und weinte vor Enttäuschung. Die Kinder wollten mir beide Male eine Freude bereiten und genau an diesen beiden Tagen ging es Maria schlecht. Beim Osterhasen war es nichts anderes, sie schaffte es gerade noch alle Naschsachen zu finden, danach schlief sie den ganzen Nachmittag.

Maria bekam im Laufe ihrer Krankheit sehr viele Geschenke von der Familie, von Freunden und Klassenkollegen. Ihr wurde es jedoch immer unangenehmer, dass sie so viel bekam und ihr Bruder nichts, deshalb sagte sie auch schon zu ihrem Bruder „sieh mal was wir bekommen haben“. Als sie dann von einer Mitschülerin ein großes Stofftier bekam, fing sie zu weinen an und sagte mir, dass sie nicht will, dass alle so viel Geld für sie ausgeben.

Zu Beginn des Schuljahres wurde beschlossen, dass die Schüler der dritten Volksschulklasse eine Zeichnungsversteigerung im Mai veranstalten. Diese sollte für einen karitativen Zweck sein. Aus gegebenem Anlass wurde diese dann für die Kinder-Krebs-Hilfe gemacht. Bei dieser Veranstaltung wurde sehr viel Geld eingenommen. Nach Rücksprache mit dem Elternverein wurde beschlossen, dass sich Maria ein Geschenk wünschen darf.  Maria traute sich ihrer Lehrerin zuerst gar nicht den Wunsch zu sagen, da sie sich eine Play-Station wünschte und wusste, dass diese sehr teuer ist. Nach mehrmaligen Fragen sagte sie es ihr aber doch. Das Großartige daran ist, dass die Firma Sony die Play-Station dann gespendet hat und sodann der ganze Betrag der Kinder-Krebs-Hilfe übergeben werden konnte.

Maria war ein besonderes Kind, ich weiß, dass jedes Kind besonders ist, aber Maria ist mein Kind und deshalb ist sie für mich die Beste und ich bin furchtbar stolz auf sie.

Sie wollte es immer jeden recht machen, auch wenn sie selbst dabei zurückstecken musste. Sie bewies mehr Stärke und Charakter, als manch Erwachsener. Wenn sie sich zu ihrer Krankheit äußerte, dann nur wie arm alle anderen sind, wenn sie z.B. den Mundschutz tragen mussten.


Mitte Jänner 2003 klagte Maria das erste Mal über Knochenschmerzen einmal im linken und dann wieder im rechten Oberschenkel. Ich nahm die Sache allerdings nicht so ernst, ich dachte sie hätte vom Turnen oder Eislaufen einen Muskelkater. Einige Tage später hatte sie auch Schmerzen in der Hüfte und in den Armen. Anfangs dachten wir sie wollte einfach nur unsere Aufmerksamkeit, aber nachdem sie zu hinken begann und auch nicht mehr turnen gehen wollte, ging ich am 28.1. zum Hausarzt. Von diesem bekamen wir eine Überweisung zum Blut abnehmen. Am 29.1. wurde Maria im Labor Blut abgenommen und am 30.1. überwies uns der Hausarzt mit dem Befund zum Kinderarzt (CRP 6,7). Am 31.1. stellte der Kinderarzt nach einer Ultraschalluntersuchung an der Hüfte einen Erguss (Entzündung) fest. Maria bekam Proxensaft verschrieben und wurde für den 6.2. zur Kontrolle wiederbestellt. Beim Kontrolltermin war vom Erguss an der Hüfte nichts mehr zu sehen, der Kinderarzt wies jedoch darauf hin, dass bei nochmaligem Auftreten von Gelenksschmerzen ein sofortiger Besuch in seiner Ordination notwendig wäre, da es sein kann, dass die Entzündung immer noch im Körper ist  und diese chronisch werden könnte (Rheuma?)

17.02.2003

Maria bekam wieder Schmerzen im linken Oberschenkel, rechte Hand und Schulter, am Rücken, manchmal Bauch-, Kopf- und Halsschmerzen.

21.02.2003

Mein Mann fuhr erneut mit unserer Tochter zum Kinderarzt. Nachdem dieser Maria abhörte und abtastete, meinte er, dass Maria nur unter Verspannungen leide, wahrscheinlich durch eine zu schwere Schultasche und zu langes Sitzen in der Schule verursacht. (Verspannungen mit gerade 9 Jahren, so dass das Kind vor Schmerzen gar weint???)

24.2.2003

Ich holte mir erneut vom Hausarzt eine Überweisung für das Labor zur neuerlichen Blutabnahme.  (Im Normalfall sollte es Aufgabe vom Kinderarzt sein, einen neuen Blutbefund anzuordnen. Im Blut sieht man sofort ob eine Entzündung im Körper vorhanden ist und er hätte sich vergewissern müssen, ob die Entzündung auch wirklich weg ist und nicht einfach meine Tochter mit „Verspannungen“ heimschicken).

25.2.2003

Es wurde Maria wieder Blut abgenommen, am 26.2. bekam ich den Blutbefund, dieser wies nun einen sehr viel höheren Entzündungswert auf als beim letzten Mal (CRP 16). Der Hausarzt riet mir am nächsten Tag wieder beim Kinderarzt vorbeizuschauen. Erstens wollte ich aber zu diesem Arzt nicht mehr, da er die Schmerzen meiner Tochter einfach nicht ernst genommen hatte und zweitens war ich einfach zu nervös um noch einen weiteren Tag vergehen zu lassen.

Ich fuhr also mit Maria so gegen 19:00 Uhr ins Krankenhaus nach Mödling. Man behielt Maria  auch gleich dort, da der Entzündungswert viel zu hoch war und mehrere Untersuchungen notwendig waren. Der Arzt erklärte mir am 27.2. das Verdacht auf Knochenentzündung bestehe oder vielleicht auch schon einer Eiterung, daher wurde Maria Bettruhe verordnet; sie bekam weiterhin Proxensaft und Antibiotika.

28.2.2003

Maria musste um 10:00 Uhr  zur Magnetresonanztomographie. Am Nachmittag bat mich der zuständige Arzt zu einem Gespräch und teilte mir mit, dass bei der MRT weiße Streifen am Oberschenkel zu sehen waren, die vielleicht auf einen Blutkrebs hindeuten könnten. Nach Rücksprache mit den Ärzten vom St. Anna Kinderspital wäre es das Beste im dortigen Spital weitere Untersuchungen anzustellen.

 

01.03.2003

Um 8:00 Uhr wurde Maria von der Rettung ins St.Anna Kinderspital überführt und um 10:00 Uhr wurde ihr unter Narkose eine Knochenmarkpunktion gemacht. Nach endlosem Warten wurde uns um 14:30 Uhr mitgeteilt, dass Leukämie ausgeschlossen werden kann. Wir weinten vor Freude, da ja  Maria wahrscheinlich „nur“ eine Entzündung oder vielleicht Eiterung der Knochen hat. Alles besser als Leukämie!

 

03.03.2003

Bei Maria wurde Ultraschall gemacht, die Ärztin schaute sich die ganze Zeit nur den Bauch an und ich wunderte mich, da Maria ja in den Oberschenkeln die Schmerzen hatte und nicht so sehr im Bauch. Als sie dann für ein paar Sekunden aufstand um zu telefonieren, dachte ich mir schon, dass irgendetwas nicht stimmt. Kurz darauf  kam dann der Arzt von der Station in Begleitung einer Psychologin in den Untersuchungsraum und da wusste ich, dass bei Maria etwas gefunden wurde, dass nichts Gutes bedeutet.

Wieder auf der Station teilte mir der Arzt mit, dass man bei Maria einen Tumor in der Größe einer halben Mineralflasche gefunden hat, man weiß allerdings noch nicht welche Art von Tumor es ist und ob er gut - oder bösartig ist.

 

04.03.2003

Um 8:00 Uhr hatte Maria einen Termin für eine Computertomographie, danach ging es weiter zur Knochenszintigraphie und anschließend noch zum EEG. Um ca. 15:00 Uhr waren die Untersuchungen für diesen Tag beendet.

 

05.03.2003

Maria musste nüchtern bleiben, da für 11:00 Uhr eine neuerliche Knochenmarkpunktion angesetzt war.  Vorher musste sie jedoch noch zum Ultraschall und zum Augenarzt.

 

06.03.2003

Mein Mann um meine Schwester kamen um 12:00 Uhr, da wir einen Termin mit dem Oberarzt hatten, meine Schwester blieb inzwischen bei Maria.

Der Arzt teilte uns mit, dass Maria ein Neuroblastom Stadium IV mit Metastasen im Knochenmark hat. Da sich die Zelle pro Tag einmal teilt, wächst der Tumor sehr schnell und hat sich in Marias Körper schon verteilt, daher auch die Schmerzen an den verschiedensten Stellen. Dieser Krebs betrifft nur Kinder und kommt relativ selten vor, ca. 15 Kinder pro Jahr in Österreich.  Er sagte, dass Maria eine Chance von ca. 50 % hat, er uns zwar nichts versprechen kann aber alles tun wird um Maria zu helfen.  Marias Therapie schaut so aus, dass sie 8 Chemos bekommt, (zwei Tage Chemo, 8 Tage Pause). Danach sollte der Tumor so weit verkleinert sein, dass man ihn operieren kann. Anschließend sollen Stammzellen entnommen werden, die ihr nach der Hochdosischemo wieder verabreicht werden, zum Schluss folgt dann noch eine Vitamin A Kur und dann sollten alle bösen Krebszellen besiegt sein und  Maria es geschafft haben.

Ich verstand überhaupt nichts mehr, warum sollte mein Kind Krebs haben. In unserer Familie hat niemand Krebs, wieso ausgerechnet meine Tochter.

Wir gingen nicht gleich zu Maria ins Zimmer sondern in die Cafeteria um dies alles nochmal zu durchdenken, was uns der Arzt gerade erzählt hat. Nach unzähligen Cafes und noch mehr Zigaretten gingen wir zu Maria. Ich versuchte Maria diese bösartige Krankheit zu erklären, sie war gar nicht so geschockt, nur traurig. Ich glaube, sie ahnte schon etwas, da hier nur schwer kranke Kinder mit Glatze herumliefen.

 

07.03.2003

Mein Mann kam mit Dominik und meiner Schwester ins Krankenhaus, da der Oberarzt mit den Kindern über die Krankheit reden wollte. Er erklärte den Kindern den ganzen Verlauf der Krankheit und auch den Ernst der Lage. Sie nahmen es beide relativ gut auf, der Arzt brachte es aber auch sehr optimistisch rüber und nahm nicht nur den Kindern sondern auch mir etwas die Angst. Er erklärte die Krankheit und die Therapie mit Zeichnungen, so dass es die  Kinder auch verstehen konnten.  Maria war nicht einmal besonders entsetzt darüber, dass ihr die Haare während der Chemotherapie ausfallen werden, obwohl sie auf ihre langen Haare immer besonders stolz war.

Gleich nach dem Aufklärungsgespräch um 17:00 wurde mit der Chemo begonnen, um 22:30 wurde die Therapie aber für eine dreiviertel Stunde unterbrochen, da es Maria nicht besonders gut dabei ging. Sie hat auch in dieser Nacht einmal gebrochen.

 

08.03.2003

Mit der Chemotherapie wurde um ca. 11:00 Uhr begonnen, um ca. 15:30 Uhr war sie durch. Maria bekam Halsweh und Bauchweh. Sie bekam einen Blutausschlag auf den Augenlidern und um den Mund. Maria hatte an diesem Tag zweimal gebrochen und wollte ihre Medizin nicht nehmen. Suni (Papa) schaffte es aber mit sehr viel Geduld, dass sie ihre Medizin dann doch nahm.

 

09.03.2003

Wir brauchten große Überredungskünste, damit Maria ihre Medikamente schluckte. Sie erbrach an diesem Tag auch fünfmal. Ihre Verfassung und Laune war schwankend. Gerade war sie lustig und dann wieder traurig. Ihr wurde schlecht, sie wurde müde, bekam Halsweh und musste wieder brechen. Um halb fünf bekam sie dann eine Bluttransfusion, damit sie für den nächsten Tag gerüstet ist, denn da stand eine kleine Operation an. Maria bekam einen Katheter gesetzt, damit ihr nicht immer ein neuer Venflon gestochen werden muss, da die Therapie ja mindestens ein halbes Jahr dauern wird und jeden Tag Blut abgenommen werden muss, irgendwann würde man da ja keine Venen mehr finden.  Nachdem sie wieder etwas gegen die Übelkeit bekommen hatte, schlief sie um ca. halb zehn ein.

 

10.03.2003

Maria wurde schon wieder um 8 Uhr munter und durfte weder essen noch trinken, da sie ja für die Operation nüchtern bleiben musste. Um halb zehn hatte sie eine Stunde Unterricht. Das Lernen strengte sie jedoch sehr an und sie schlief danach gleich wieder ein. Der Tag fing aber trotzdem gut an, da Marias Lieblingsschwester Kathi  Dienst hatte. Um 13 Uhr wurde Maria in den OP gebracht um den Katheter zu setzen. Eine Stunde später durfte ich Maria wieder vom OP abholen, es war gut, dass mich Kathi begleitete, denn kaum waren wir im Zimmer angekommen da erbrach Maria. Anfangs glaubte ich, sie könnte daran ersticken, weil sie beim Brechen kaum Luft bekam und so laut dabei war, es kam noch dazu, dass ich anfangs auch immer einen Brechreiz bekam, wenn ich ihr die Schüssel hielt. Aber es bleibt einem nichts anderes übrig, man muss sich daran gewöhnen.

Die Pulver hatte ich diesmal unter einem Fruchtzwerg versteckt, in der Hoffnung sie würde es nicht merken, aber falsch gedacht. Maria hatte den Löffel Fruchtzwerg mit dem Pulver ganze 20 Minuten im Mund, bevor sie ihn schluckte. Eine Stunde später brach sie jedoch alles wieder herauf. Außer ein paar Löffel Fruchtzwerg die sie für die Medikamente brauchte, hatte sie den ganzen Tag über nichts gegessen.

 

11.03.2003

Maria durfte das erste Mal nach Hause. Vorher musste sie jedoch noch ins AKH, da ihr für die Untersuchung am nächsten Tag, ein Kontrastmittel gespritzt werden musste. Am Nachmittag bekam sie dann noch einen Einlauf, da sie schon drei Tag nicht am WC war.  Gegen 16:00 wurden wir dann endlich vom Roten Kreuz nach Hause gebracht. Gegessen hatte sie, außer ein paar Bissen vom Eierspeiß, wieder nichts.

 

12.03.2003

Wir mussten heute schon wieder früh aufstehen, da wir für 9:00 Uhr den Krankentransport bestellt hatten.  Maria war schon beim Aufstehen schlecht, sie war sogar zu schwach um sich selber anzuziehen. Sie nahm zwar brav ihre Medikamente aber das Frühstück verweigerte sie. Mein Bruder war gerade beim Zivildienst und fuhr uns diesmal ins AKH. Die Untersuchung dauerte fast zwei Stunden. Am frühen Nachmittag waren wir dann wieder zuhause angekommen. Für Maria war dieser Vormittag sehr anstrengend, wir waren auch ganze fünf Stunden unterwegs. Für die Mittagsmedikamente brauchte sie auch wieder eine ganze Stunde bis sie diese runterschluckte, es dauerte aber nicht lange und alles kam wieder hoch. Das heißt, die ganze Prozedur von vorne, wenn sie die Medikamente nicht mindestens eine Stunde behalten konnte, so musste sie alles nochmals nehmen. Zwischen 18:00 und 20:00 Uhr ging es ihr am Besten, das mussten wir auch sofort zum Karten spielen nützen. Danach ging es ihr immer schlechter, sie hatte dauernd einen Brechreiz, der Kopf tat weh und die Halsschmerzen wurden immer schlimmer. Suni musste sie die Stiegen rauf tragen, da sie keine Kraft mehr hatte alleine hinauf zu gehen. Ich wusste nicht was ich machen sollte, da Maria den ganzen Tag über achtmal gebrochen hatte, nichts gegessen und sehr wenig getrunken hatte. Maria wollte aber nicht ins Krankenhaus fahren, da sie zu müde war, sie sagte immer nur morgen, heute nicht mehr. Gegen Mitternacht rief ich dann aber doch im St.Anna an und teilte mit wie es Maria geht. Wir wurden aufgefordert sofort zu kommen.

 

13.03.2003

Maria wachte mit Halsschmerzen und Übelkeit auf. Sie musste sich auch sofort nach dem Aufwachen übergeben. Gegen Mittag bekam sie dann etwas gegen die Übelkeit und die immerwährenden Halsschmerzen. Maria sprach relativ schnell darauf an und war den restlichen Tag gut gelaunt.

 

14.03.2003

An diesem Tag ging es Maria seit langem mal wieder richtig gut. Sie frühstückte zwar nicht, aber sie nahm brav ihre Medikamente. Am Vormittag bekam sie auch noch Unterricht und die Handarbeitslehrerin bastelte mit ihr einen Osterhasen. Zu Mittag bekamen wir vom Oberarzt den Entlassungsschein, wir durften wieder nach Hause. Doch Maria bemalte gerade mit Julia (Marias leukämiekranke Freundin) einige Fenster der Station und hatte überhaupt keine Lust jetzt schon nach Hause zu fahren.  Um halb zwei war Maria dann endlich bereit zu gehen. Leider mussten wir noch einen kurzen Abstecher beim Zahnarzt machen, da Marias fixe Zahnspange entfernt werden musste. Obwohl es Maria den ganzen Tag gut ging, musste sie sich am Abend dann doch noch mal übergeben.

 

15.03.2003

Maria bekam jetzt vorsorglich gleich nach dem Aufstehen etwas gegen die Übelkeit, übergeben musste sie sich zwar fast jeden Tag am Abend, aber so schaffte sie es wenigstens über den Tag. Marias Klassenlehrerin kam mit einer Schuhschachtel, wo die Klassenfreunde diverse Geschenke für Maria sammeln konnten. Es waren Zeichnungen, Briefe, ein Kugelschreiber mit ihrem Namen, ein Kopftuch und ein Stickerheft drinnen. Für Maria war es immer schön, wenn sie die Neuigkeiten aus der Schule geschrieben bekam und ihr die Lehrerin aus der Klasse erzählte. Suni hatte die Homepage für Maria eingerichtet und ihr gezeigt, wie und wo sie etwas hineinschreiben könne. Es war aber nicht wirklich Zeit dazu, da der ganze Tag mit Schlafen, Medikamente nehmen (dafür mussten wir oft 2-3 Stunden pro Tag aufbringen) und ein bisschen Karten spielen vorüberging.

Nach eineinhalb Stunden Schlaf, stand Maria um halb zehn im Wohnzimmer und wir waren ganz erstaunt. „Sie hatte Hunger“. Ich hatte ihr natürlich sofort etwas gekocht, Maria durfte nicht alles essen und es sollte frisch sein, alles was älter als 24 Stunden war, durfte sie nicht mehr essen.

 

17.03.2003

Heute war der zweite brechfreie Tag. Die nächste Chemo ist angesagt und um 9:00 Uhr waren wir im St.Anna. Am Vormittag hatte Maria noch Unterricht, danach bastelten wir einiges für die Station und  mit Julia wurden wieder Fenster bemalt. Um 16:00 wurde dann mit der Chemo begonnen. Diesen Block hat Maria besser vertragen, es ging ihr den ganzen Tag und auch am Abend sehr gut .

 

18.03.2003

Es ging Maria nachdem sie wieder Chemo bekommen hatte, sehr gut. Die Station war überbelegt, deshalb mussten Julias Mama und ich nach Hause fahren und Julia und Maria teilten sich alleine ein Zimmer. Sie hatten sich sehr darüber gefreut. „Endlich sturmfreie Bude“. Am nächsten Tag hatten sie sich aber geärgert, da sie viel zu früh eingeschlafen waren und von ihrer sturmfreien Bude nicht viel hatten.

 

19.03.2003

Maria malte für ihren Papa eine blaue Seidenkrawatte mit bunten Herzen. (Er trug  sie auf Marias Beerdigung). Maria und Julia durften wieder alleine im Spital übernachten.

 

20.03.2003

Um 11:00 durfte  Maria eigentlich schon nach Hause, doch Julias Papa hatte versprochen Schnitzel zu bringen und auf die mussten wir auch warten. Deshalb fuhren wir auch erst zweieinhalb Stunden später nach Hause.

 

22.03.2003

Die externe Schwester kam zur Blutabnahme und rief gegen Mittag an, dass Maria zu wenig Thrombozyten hat und ein Konzentrat braucht. Nach einem mehrstündigen Aufenthalt im Krankenhaus waren wir um 18:30 Uhr wieder zu Hause.

 

24.03.2003

Ich habe, nachdem ich meinen ganzen Urlaub aufgebraucht hatte, meine Arbeitsstelle gekündigt, da  mir schon genug im Kopf herumschwirrte und ich mit nichts anderem mehr belastet sein wollte.

 

27.03.2003

Die nächste Chemo stand an. Maria bekam auch gleich Blut und nachdem sich ihr Nasenbluten nicht stoppen ließ, bekam sie auch Thrombos. Nach der Chemo hatte sie auch wieder große Halsschmerzen, wahrscheinlich waren die Schleimhäute schon beleidigt.

 

03.04.2003

Maria hatte bei dem Hörtest, den sie machte, sehr gut abgeschnitten, der Gehörgang hatte bisher noch keinen Schaden abbekommen. Beim Ultraschall wurde dann festgestellt, dass sich der Tumor um 1/5 verkleinert hat, der Arzt meinte, dass er sehr zufrieden mit diesem Ergebnis sei, meine Erwartungen waren jedoch größer. Da Marias Blutbild immer schlechter wurde und daher auch die Ansteckung von Infektionen größer war, beschlossen wir nicht mehr andauernden Besuch zu haben und jeder Besucher musste einen Mundschutz tragen. Maria durfte sich eine Freundin aussuchen, die immer kommen durfte und sie entschied sich für Jaqueline. Wenn es Maria gut ging und sie Besuch haben wollte nahm sich Jaqueline auch immer für ihre Freundin Zeit.

 

05.04.2003

Nachdem die externe Schwester zu Blutabnahme da war, richteten mir die Kinder  einen Geburtstagstisch mit Kaffe und Kuchen. Von Dominik bekam ich lustige Hausschuhe und von Maria ein Kaffeehäferl mit der Aufschrift „Die liebste Mami der Welt“, das mich natürlich sofort zum Weinen brachte. Am Nachmittag kam dann der Anruf vom St.Anna, dass Maria wieder ins Spital muss, da ihr CRP auf  9 war und sie zu wenig Thrombos hatte.

 

07.04.2003

Maria hatte  wieder einen Termin für eine Knochenmarkpunktion. Da aber sehr viele Kinder auf der Station waren und ein neues Kind aufgenommen wurde, war es sehr hektisch auf der Station und Maria kam erst gegen Mittag dran. Suni blieb heute wieder bei Maria und ich fuhr nach Hause.

 

08. u. 09.04.2003

In diesen zwei Tagen bekam Maria den vierten Chemoblock und der Oberarzt teilte uns mit, dass im Knochenmark zwar noch Krebszellen vorhanden seien, aber diese sich erheblich reduziert haben. Jetzt musste natürlich eine Weile telefoniert werden, um allen die freudige Nachricht mitzuteilen.

 

10.04.2003

Maria war gar nicht gut gelaunt. Ihr Blutbild war immer noch im Keller und ein Entzündungswert war auch noch vorhanden, sodass wir noch nicht nach Hause durften. Sie hatte auch starke Halsschmerzen und es war daher eine Qual für sie die Medikamente zu schlucken.

 

11.04.2003

Wir hatten den Entlassungsschein schon in den Händen und den Krankentransport bestellt, doch dann begann Maria zu brechen und der Arzt hatte so seine Zweifel, ob er Maria nicht doch noch hier behalten sollte. Nach langem Hin und Her durften wir aber dann doch nach Hause.

 

12. – 17.04.2003

In den nächsten Tagen ging es ihr von Tag zu Tag  besser. Am 14. und am 17.04. kam die externe Schwester zur Blutabnahme, die Werte waren schon lange nicht so gut. Seit Beginn der Krankheit ging es Maria in diesen sieben Tagen am besten, wir gingen viel spazieren und hielten uns die meiste Zeit im Garten auf. Marias Freundin Jaqueline kam fast jeden Tag auf Besuch.

 

20.04.2003

Maria hatte am 18. u. 19.04. Chemo bekommen, da aber Ostersonntag war, wurde sie auch gleich wieder nach Hause entlassen.

Am Vormittag ging es ihr noch relativ gut, aber am Nachmittag nachdem sie die Ostergeschenke alle gefunden hatte, ging es ihr zunehmend schlechter und sie verschlief den restlichen Tag.

 

21.04.2003

Maria ging es immer noch nicht gut, sie wollte aber trotz allem an die frische Luft und wir gingen zwei Stunden mit ihr spazieren. Sie saß jedoch die ganze Zeit im Kinderwagen, da sie zu schwach war um selbst zu gehen. Am Abend wurden die Bauchschmerzen, die sie schon beim Aufstehen hatte immer größer und die Medikamente schluckte sie wieder nicht.

 

22.04.2003

Da es Maria seit gestern immer schlechter ging, fuhren wir ins St.Anna. Sie bekam sofort etwas gegen die Übelkeit gespritzt und wurde bewässert. Maria hatte starke Bauchschmerzen, es wurde aber trotz Abtasten des Bauches nichts gefunden, deshalb wurden wir zum Ultraschall geschickt. Obwohl Maria jeden Tag auf der großen Seite war, hat sie sehr viel Stuhl im Darm, welcher auch die schlimmen Bauchkrämpfe verursachte. Nach einem Einlauf ging es ihr etwas besser, sie wand sich nicht mehr vor lauter Schmerzen und konnte endlich ein wenig schlafen.

 

23. u. 26.04.2003

Die Bauch- und Halsschmerzen hörten einfach nicht auf. Die Medikamente die sie gegen die Schmerzen bekam, halfen immer nur für kurze Zeit. Am

 

24.04.2003 gingen wir wieder zum Ultraschall, mit demselben Ergebnis wie vor zwei Tagen. Sie hatte, wahrscheinlich durch das viele Brechen, Luft in den Lymphdrüsen. Wir bekamen Mantel- und Maskenpflege verpasst, da Marias Entzündungswert stetig stieg und sie Fieber und Schüttelfrost bekam. Das heißt, Maria durfte das Zimmer gar nicht verlassen und die Begleitperson musste das grüne Spitalsgewand tragen und bei Verlassen des Zimmers einen Mantel drüberziehen. Alle Personen die das Zimmer betraten, mussten einen Mundschutz tragen.  Beim CT wurden kleine Herde auf der Lunge festgestellt, wobei es sich aber höchstwahrscheinlich um eine kleine Infektion handelt.

 

30.04.2003

Maria ging es schon mehrere Tagen nicht sehr gut. Sie weinte viel, da die Bauchschmerzen fast nicht mehr zu ertragen waren. Sie bekam mehrere Schmerzmittel und auch mehrere Einläufe.

Eine freudige Nachricht wurde uns jedoch überbracht. Der Tumor war schon um mehr als die Hälfte geschrumpft, das war auf alle Fälle mehr, als sich die Ärzte zu dieser Zeit erwartet hatten. Somit wurde auch gleich mit der nächsten Chemo begonnen.

 

06. bis 08.05.2003

Maria ging zu zwei Freundinnen spielen (mit Mundschutz).Sie hatte Tischtennis und Nintendo gespielt und war sogar auf dem Trampolin gehüpft. An diesen drei Tagen trank Maria problemlos ihre eineinhalb Liter Flüssigkeit, sonst hatte sie es höchstens auf einen Liter gebracht.

 

10.05.2003

Nach dem Röntgen  wurde mit der vorletzten Chemo begonnen, Maria reagierte jedoch mit einem Hustenanfall und bekam Sauerstoff und eine Spritze. Nach 20 Minuten konnte die Therapie fortgesetzt werden.

 

20.05.2003

Maria hörte auf dem linken Ohr nur mehr sehr schlecht, der Hörtest hatte dies auch bestätigt. Mit der Chemo wurde auch nicht begonnen, da Maria einen CRP von 9 hatte und das linke Augenlid herunterhängte, wo noch geklärt werden musste, woran das liegt.

Eine positive Überraschung gab es jedoch an diesem Tag, Livia und Christl von Starmania kamen ins Krankenhaus. Maria war schon uuur nervös, da sie ja von Christl ein großer Fan war. Als sie dann endlich da waren, war Maria zu schüchtern um nur ein Wort zu sagen. Die beiden gingen aber auch schon wieder nach ein paar Minuten, also so aufregend, wie wir uns das vorgestellt hatten, war es dann doch nicht.

 

21.05.2003

Um 8:00 Uhr musste Maria ins AKH zur MRT-Untersuchung, um festzustellen, was mit ihrem linken Augenlid los ist. Am Nachmittag dann das Ergebnis, es war nichts Außergewöhnliches zu sehen, es lag wahrscheinlich nur eine Lähmung der Augenmuskulatur vor, als Folge der Chemotherapie. Nach dem Ergebnis der MRT wurde auch gleich mit der achten und letzten Chemo begonnen.

 

26.05.2003

Wir fuhren zum Blutabnahmekontrolltermin in die Tagesklinik, das erste Mal ohne vorsorglich eingepackte Tasche, und siehe da der CRP war auf 20 und wir wurden gleich stationär aufgenommen. Maria bekam intravenös Antibiotika und es wurde zweimal am Tag  Neupogen gespritzt, damit die Leukozyten steigen, da sie für die Stammzellenentnahme gebraucht wurden. Bis zum 05.06.2003 hatte Maria aber immer noch nicht genug Stammzellen also wurde beschlossen, die Stammzellenentnahme nach der Operation zu machen.

 

06.06.2003

Maria wurde nach Hause entlassen, obwohl ich mich anfangs dagegen gewehrt hatte. Sie hatte seit fast zwei Wochen so gut wie nichts gegessen und ganz wenig getrunken. Die Operation soll ja sehr kompliziert sein und ich hatte Angst, dass sie zu Hause an Kraft verliert und die braucht sie doch bei so einer schwierigen Operation. Außerdem hatte sie nur 18.000 Thrombos. Aber mir wurde gesagt, dass sie  vor der Operation sowieso Blut und Thrombos bekommen wird. Im Nachhinein war ich allerdings sehr glücklich, dass wir nach Hause durften, für Maria war es ein schönes Wochenende. Wir hatten die ganze Zeit herrliches Wetter und konnten uns im Garten aufhalten. Außerdem kamen am Samstag einige Kinder der 3a und 3b und überbrachten ihr als Geschenk die gewünschte Play-Station. Das Wochenende war gerettet, Dominik und Maria tobten sich mit der Play-Station aus.

An dem Wochenende war aber trotzdem alles anders. Ich glaube, Maria hatte geahnt was auf sie zukommen wird, ich merkte es an ihrem Reden und ihren Gesten. Sie hatte sogar unseren Hund abgeschmust, das hatte sie sich die ganzen drei Monate nicht getraut.

 

10.06.2003

Um 8:30 Uhr waren wir im St.Anna um unsere Befunde abzuholen, danach ging es gleich weiter ins AKH. Wir waren vom St.Anna schon so sehr verwöhnt, das es uns hier überhaupt nicht gefiel. Maria hatte sich während ihrer Krankheit vor nichts gefürchtet, außer vor der Operation, ich machte mir jedoch nur schrittweise Sorgen, zuerst die Chemo hinter uns bringen und dann erst Gedanken über die OP machen. Jetzt war es soweit, Maria sah dem allen nun ein wenig gelassener entgegen, in mir schlich sich nun allerdings die Angst ein. Nach der Blutabnahme war jedoch gar nicht mehr sicher, ob Maria überhaupt am nächsten Tag operiert werden kann, da sie nur mehr 3.000 Thrombos hatte und sie für so eine große Operation mindestens 50.-60.000 Thrombos haben musste. Nach zwei Konzentraten waren sie jedoch auf 103.000 raufgeklettert.

 

11.06.2003

Um 6:00 Uhr bekam Maria einen Einlauf, da der Darm für die Operation entleert werden musste. Maria  weckte mich nicht einmal auf, als sie den Einlauf bekam und ging anschließend ganz alleine aufs WC. Um 7:00 Uhr kam mein Mann und meine Schwester und wir spielten mit Maria solange Karten bis der Pfleger sie um viertel elf für den OP abholte. Eine Person durfte mit Maria bis in den Aufwachraum mitgehen, dort warteten wir dann bis alles für die OP fertig vorbereitet war. Maria weinte, da sie Angst vor der Narbe am Bauch hatte. Ich hielt sie die ganze Zeit umarmt und sie beruhigte sich auch bald wieder. Sie teilte den Ärzten mit, dass sie unbedingt ein Foto von ihrem Tumor haben möchte. Sie wollte wissen, wie das Ding ausschaut, das sie so schwer krank macht. Es wurde ihr auch versprochen, alles Mögliche zu machen, um ihr diesen Wunsch zu erfüllen. Sie durfte sich beim Anästhesist einen Traum aussuchen, als ihr aber nichts einfiel, schlug er eine bunte Blumenwiese vor und Maria willigte ein, dass dies ein schöner Traum wäre. Nach der „Wurschtigkeitsspritze“ lachte Maria über alles was sie hörte, sie fand jedes Wort lustig und es machte ihr auch überhaupt nichts mehr aus, dass ich in den Operationssaal nicht mitgehen durfte. Sie ließ mich allerdings nicht gleich gehen und sagte immer wieder „noch ein Bussi“, nach dem 20sten Bussi  sagte ich ihr, dass wir ja nach der Operation stundenlang küssen können, doch jetzt musste sie mit dem Arzt mitgehen, damit der Tumor nun endlich aus ihrem Bauch rauskommen kann. Es waren die letzten Bussis die ich von ihr bekommen habe.

Nach fünf Stunden bekamen wird die Nachricht, dass zurzeit alles gut verläuft, jedoch die Operation noch weitere zwei Stunden dauern wird. Um 17:30 Uhr kam Maria dann endlich auf die Intensivstation, dort wurde uns gesagt, dass es ihr gut geht und ihr Zustand stabil wäre. Mit dem Chirurgen konnten wir allerdings nicht mehr reden, da er  an diesem Tag schon neun Stunden operierte und schon zu Hause war.

 

12.06.2003

Der Chirurg teilte uns mit, dass die Operation sehr kompliziert war und dass er es besser gefunden hätte, wenn wir noch weitere zwei Wochen gewartet hätten. Er sagt uns auch, dass es in ganz Europa vielleicht 10 Chirurgen geben würde, die sich solch einen komplizierten Eingriff  zutrauen würden und weist uns darauf hin, dass wir uns noch auf einige Komplikationen gefasst machen sollten.

Auf der Intensivstation waren jedoch alle zufrieden, sie sei stabil und es geht ihr soweit gut, wurde uns gesagt. Am Nachmittag wurde sie auf eine andere Intensiv verlegt, sie begann zu fiebern und bekam leichten Schüttelfrost, mit Wadenwickel bekamen sie das aber ganz gut in den Griff. Es wurde jedoch beschlossen sie noch im künstlichen Tiefschlaf zu lassen und mit dem Aufwecken auf den nächsten Tag zu warten.

 

13.06.2003

Ich war schon angezogen als um 8:30 Uhr das Telefon läutete und ich die Nummer vom AKH auf meinem Display sehe. Ich lief sofort zu meinem Mann, da ich Angst hatte selbst abzuheben. Mein Mann sagte mir dann, dass wir sofort ins Krankenhaus fahren müssten, da Maria nochmals operiert werden muss. Die Leber funktionierte nicht richtig. Dort angekommen sagte man uns, dass Maria in der Nacht reanimiert werden musste. Meinem Mann wurde es schon am Telefon mitgeteilt, da ich sowieso schon so nervös war, hat er mir dies aber nicht erzählt.

Der Chirurg teilte uns mit, dass ein Gefäßchirurg bei dieser Operation dabei sein wird, da Maria wahrscheinlich ein künstliches Gefäß bekommt. Um 11:15 wurde Maria von der Intensivstation in den Operationssaal gebracht. Es war sehr hektisch rund um Maria, da sie für den Transport von den vielen Geräten abgeschlossen und wieder neu angehängt werden musste. Ich traute mich nicht hinzugehen um sie zu küssen, da ich nicht im Weg stehen wollte und die Schwestern und Pfleger in ihrer Arbeit behindert wollte. Wir stellten uns zu den Aufzügen in der Meinung hier müssten sie mit Maria sowieso vorbei. Wir warteten und warteten und weil sie nicht kamen ging ich wieder rein in die Intensiv, doch Maria war schon weg. Es gab einen eigenen Aufzug in den OP hinunter. Wir hatten mit den Ärzten ausgemacht, dass sie uns sofort anrufen, wenn die Operation vorbei ist und sich Maria wieder auf der Intensivstation befindet, also gingen wir ins Cafehaus hinunter um uns so die Warterei zu verkürzen. Irgendwann wurde uns schon schlecht von den vielen Cafes und Zigaretten und natürlich auch von der körperlichen Anspannung und wir setzten uns auf die Wiese beim Haupteingang des Krankenhauses. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach und wir konnten nur warten. Nach 4 ¼ Stunden läutete das Handy meines Mannes, als ich die Telefonnummer am Display sah wusste ich sofort was passiert war. An der Reaktion meines Mannes sah ich dann auch dass ich Recht hatte, Maria ist am Operationstisch gestorben.

Trotz Wiederbelebungsversuche von einer Stunde hat es Maria nicht geschafft.


Es ist sehr schwer die Gedanken und Gefühle die man hat in Worte zu fassen, aber ich werde es so gut es geht versuchen.

Da mein Bruder an Kindstod gestorben ist, hatte ich immer Angst, dass meinen Kindern das gleiche passieren könnte. Wir besorgten uns daher ein Atemüberwachungsgerät, ohne den ich damals aus dem Krankenhaus nicht nach Hause gegangen wäre.

Wenn ich Berichte über kranke und sterbende Kinder gesehen oder gehört habe, war ich zwar sehr betroffen und machte mir auch meine Gedanken, aber es betraf nicht meine Familie oder jemanden den ich kenne und deshalb vergaß ich es auch bald wieder.

Mein Gedanke war immer, dass meiner Familie sowieso nichts passieren kann, solche Sachen betreffen immer nur die anderen.

Nachdem Marias Knochenschmerzen ärger wurden, dachte ich gleich an „Knochenkrebs“, doch als mir der Kinderarzt sagte, dass es „nur“ eine Entzündung ist, war der Krebs auch schon wieder aus meinen Gedanken verschwunden.

Als dann der Verdacht auf Leukämie bestand, dachte ich mir, dass das nicht möglich sein kann, da in unserer Familie keiner Krebs hat, wieso sollte ausgerechnet Maria Leukämie haben, der Arzt hat sich sicher getäuscht. Doch beim Namen  St.Anna bekam ich dann Angst, ich wusste nicht, dass das St.Anna ein normales Kinderspital ist, ich glaubte immer, dass nur Kinder mit Krebs dorthin kommen und die meisten dort sterben. Ich hatte mich mit diesem Thema bis dahin nie auseinandergesetzt und für mich war Krebs gleichgesetzt mit Todesurteil.

Im St.Anna haben sie dann den Verdacht auf Leukämie entkräftet, aber ich wusste nicht soll ich mich nun freuen oder soll ich mich fürchten, dass es schlimmer kommen könnte und es kam schlimmer.

Im Krankenhaus kamen mir immer Gedanken für die ich mich hasste, ich wollte nicht so denken und doch kamen sie immer wieder. Sie kamen aber nur tagsüber, schlafen konnte ich immer und ich träumte auch die ganze Zeit über nichts.

Ich sah mich öfters mit vielen Leuten am Friedhof stehen vor Marias Grab und mir wurde schlecht und meine einzige Sorge war, wohin ich mich jetzt übergeben soll.

Dann dachte ich mir wieder, was ich mit ihrem Zimmer machen soll, wenn sie mal tot ist. Soll ich es für ihren Bruder als Wohnzimmer herrichten?

Dann lagen wir gemeinsam im Bett, schauten fern und ich streichelte ihre Hand und plötzlich dachte ich mir, wie sich ihre Hand wohl anfühlt wenn sie nicht mehr durchblutet ist.

Es hört sich vielleicht so an, als hätte ich gewusst, dass Maria es nicht schafft, aber ich wollte nicht so denken und ich habe die Hoffnung nie aufgegeben, ich war eigentlich zu 100 Prozent davon überzeugt, dass sie diese Krankheit überleben wird. Maria hat ja niemanden je etwas getan, sie war immer brav, hilfsbereit und freundlich, warum sollte man uns so bestrafen.

Es ist schlimm wenn man als Eltern nur zusehen und nicht wirklich helfen kann, unsere kleine Tochter musste soviel erleiden, und wir konnten ihr nichts abnehmen, obwohl wir es so gerne getan hätten. Die vielen Pulver, den Hörverlust, den Haarverlust, den Gewichtsverlust, die ständige Müdigkeit, das eingeschlossen sein, die Appetitlosigkeit, die Fressattacken, die Übelkeit, die Kotzerei, das Halsweh, die vielen Bauchschmerzen usw.

Nach der zweiten Operation wusste ich schon, dass Maria gestorben ist bevor das Telefon läutete, ich hatte es im Gefühl. Als es uns die Ärzte dann sagten, dachte ich mir nun können wir endlich nach Hause fahren, Maria hat es hinter sich gebracht, sie muss nun die Tabletten die sie so sehr hasste, nicht mehr schlucken und kann jetzt endlich machen was sie will. Ich war irgendwie erleichtert, dass wir in kein Krankenhaus mehr fahren müssen. Die Ernüchterung kam dann später, als mir klar wurde, dass Maria nicht mehr bei uns ist. Ich würde mein ganzes Leben in einem Krankenhaus verbringen, wenn ich nur Maria wieder bei mir hätte.


Wir saßen in dem Ärztezimmer auf der Intensivstation und versuchten zu verstehen, was uns der Arzt erklärte, aber ich verstand überhaupt nichts. Ich hörte nur wie er sagte, dass der Leichnam in die Gerichtsmedizin kommen wird. Ich bekam einen Zorn und dachte mir nur wie kann er Leichnam zu meiner Tochter sagen, sie hat einen Namen und sie ist kein Leichnam. Wir wollten alle raus aus diesem Krankenhaus, aber wir waren auf unseren Sitzen wie festgenagelt, bis uns meine Schwester bei der Hand nahm und wir einfach das Zimmer verließen ohne noch etwas zu sagen. Burkhart, der Freund meiner Schwester, holte uns dann von Wien ab und brachte uns nach Hause.

Die Edith übernahm es dann, allen von unserer Familie Bescheid zu sagen, was passiert ist. Wir saßen nun bei uns im Garten und wussten nicht wie wir es Dominik erklären sollten. Wir sagten ihm am Telefon, dass er nach Hause kommen soll und Suni erklärte ihm dann was passiert ist. Dominik brauchte die nächsten drei Tage Tropfen, damit er schlafen konnte und mochte aus unserem Schlafzimmer gar nicht mehr raus. Nach

ca. 1 Woche ging er dann wieder in die Schule.

Dominik war in diesen 3 ½ Monaten während Marias Krankheit sehr viel alleine zu Hause, es kontrollierte niemand ob er seine Aufgaben machte, er machte seine Tests ohne, dass ihm irgendjemand sagte, dass er lernen müsse. Er ist in dieser Zeit in Mathe in die 1 LG aufgestiegen und ich finde das es eine tolle Leistung ist, wenn ein  11-jähriger alleine lernt und bis am Abend auf sich selbst angewiesen ist.  Er hätte auch den ganzen Tag fortgehen können, es wäre sowieso keinem aufgefallen. Aber wir konnten uns voll und ganz auf ihn verlassen und ich bin super stolz auf ihn. Für ihn war es ja doppelt schwer, ich war die meiste Zeit mit Maria im Krankenhaus, Suni musste das Geld verdienen und Dominik war die meiste Zeit auf sich alleine gestellt.

Ich möchte mich hier bei Dominiks Freunden bedanken, auf die er sich in dieser schweren Zeit immer verlassen konnte und immer noch kann. Er vermisst Maria jeden Tag auch wenn er nicht gern darüber redet.

Bedanken möchte ich mich auch bei Marias Schulfreunden  und ihren Lehrerinnen, die während der Erkrankung immer für uns da waren und auch heute noch sehr viel für Maria machen. Ich weiß, dass sie jeden Tag an Maria denken und das hilft uns schon sehr viel. Marias Lehrerin hat oft mit Maria telefoniert und mit ihr über alles Mögliche geplaudert, Maria hat sich immer sehr darüber gefreut,  sie war ja etwas Besonderes wenn sie mit der Lehrerin eine private Plauderstunde hielt. Maria bekam auch viele Telefonanrufe von ihren Schulfreunden, über die sie sich auch sehr freute, doch konnte sie nicht immer abheben, da das telefonieren auch schon oft zu anstrengend für sie war. Über die Briefe und SMS hat sie sich immer besonders gefreut und sie halfen ihr am normalen Leben ein wenig teilzuhaben.

Am 13.06. haben die 4 VS-Klassen und die Lehrerinnen für Maria eine Messe gestaltet, über die wir uns sehr gefreut haben, sie wurde auch vom

Hr. Pfarrer sehr schön gesprochen. Maria war an diesem Tag sicher ganz stolz.

Ich möchte mich bei allen bedanken, die sich  nicht von uns entfernt haben und uns immer noch zuhören wenn wir zum 1.000sten mal dasselbe erzählen und nicht Thema wechseln, weil ihnen unsere Geschichte schon zu langweilig wird. Ich kann mich und meine Gedanken oft selbst nicht verstehen und gerade in so einer Situation versteht man manche Aussagen falsch oder man legt jedes Wort auf die Waage, oft bin ich ungerecht und denke mir, dass mich sowieso keiner verstehen kann. Trotz allem waren aber immer alle für uns da und dafür möchte ich mich auch hier bedanken.

Einige Enttäuschungen mussten aber auch wir in dieser Zeit hinnehmen, die Bezeichnung Freunde trifft auf manche Menschen eben nicht mehr zu. Unter Freunde verstehe ich für jemandem da zu sein, auch wenn die Situation fast nicht erträglich ist und so habe ich es auch immer gehandhabt, doch ich habe feststellen müssen, dass es nicht ein jeder so sieht und so musste ich eben auch einige Abstriche machen. Maria hat nie egoistisch gedacht und hat für andere auf manches verzichtet umso mehr schmerzt es mich, wenn ich sehe, dass für sie nicht einmal das kleinste Opfer gebracht werden kann.

Für Nichtbetroffene ist jetzt vielleicht schon ein Jahr her, aber für uns ist es als sei Maria vor einigen Tagen gestorben und ich kann es noch immer nicht begreifen, dass ich nun schon über ein Jahr ohne sie gelebt habe, wo ich doch schon die eine Woche Urlaub die die Kinder jedes Jahr mit Oma und Opa machten, fast nicht aushalten konnte. Manchmal kann und will ich es immer noch nicht glauben, dass sie nie wieder nach Hause kommt.

Ich habe mich in diesem Jahr viel mit Maria, mit ihrer Krankheit und dem Leben danach beschäftigt und ich glaube, dass ich dadurch einiges an Trauerarbeit geleistet habe, auch wenn ich oftmals wieder in ein tiefes Loch falle. Anfangs funktioniert man einfach und auch jetzt gibt es Tage wo ich nur funktioniere,  es wird einfach nie wieder wie vorher sein.

Maria wird immer der Mittelpunkt unseres Lebens sein, was mir bleibt ist die Hoffnung sie irgendwann wieder zu sehen.

Meine Gedanken danach

Man weiß es, aber trotzdem kann man es nicht glauben. Es ist so schwer zu verstehen, dass ein Mensch der immer da war plötzlich nicht mehr da sein soll.

Es ist egal wie viele Kinder man hat, jedes ist einzigartig und hat seine eigene Persönlichkeit und kein anderes Kind kann einem über den Tod eines anderen Kindes hinwegtrösten. Ich habe zwei Kinder und eines davon ist tot.

Ich versuchte für Dominik da zu sein wie auch vorher, aber es war sehr anstrengend, ich musste immer darüber nachdenken, was wäre gewesen wenn es ihn getroffen hätte. Hätte ich genauso reagiert? Ich bekam ein schlechtes Gewissen, wenn ich nur daran dachte ein anderes Kind zu drücken oder zu streicheln.  Bei Dominik war es ähnlich, wie sollte ich mich ihm gegenüber verhalten? Man ist selbst schwer getroffen und ich wusste nicht wie ich meinem Sohn helfen soll. Ich lasse mir aber auch nicht von bestimmten Leuten, die keinen Einblick in meine Familie und das Geschehene haben und es auch gar nicht versucht haben einen Einblick zu bekommen oder wenigstens meinen Sohn einmal danach gefragt haben, wie es ihm geht, vorschreiben, wie ich mit meinem Sohn umzugehen habe (habe ich nämlich auch erlebt).

Ich hatte öfters (vor der Erkrankung meiner Tochter) einen Traum, ich bin mit den Kindern alleine daheim und das Haus brennt. Ich stehe vor den Kindern und muss mich für eines der beiden entscheiden, da ich sie nicht beide retten kann. Und ich stehe und schau die Kinder an und soll mich entscheiden, wer überleben soll, ich weis nicht was ich machen soll und dann bin ich jedes Mal munter geworden.

Ob dieser Traum etwas deuten wollte?

Anfangs bestand die Zeit nur aus Warten ob sich vielleicht etwas ergibt, etwas Neues, vielleicht kommt Maria ja doch wieder zurück, man lebt wie in Trance und bekommt vom Rest der Welt gar nichts mit. Mir war alles und jeder egal, ich wollte und will immer noch mein Kind zurück.

Wenn ich mal lachte bekam ich Angst, jemand könnte glauben ich hätte Maria nicht gern gehabt und bin schon wieder darüber hinweg. Ich habe aber jede Sekunde an Maria gedacht und denke auch heute noch den ganzen Tag an sie. Ich tat zwar so als ob ich zuhören würde, war aber mit meinen Gedanken nur bei Maria.

Hier ein paar Zeilen, die meine Schwester geschrieben hat, nachdem uns zugetragen wurde, dass wir schon feiern und grillen, obwohl Maria noch nicht einmal begraben ist:

„Jene Menschen, welche über andere Leute urteilen oder Richtlinien aufstellen, wie es in der Gesellschaft üblich zu sein scheint, wie diese vom Schicksal geprüften Leute die schwere Zeit zu überstehen haben, können sich glücklich schätzen.

Denn diese glücklichen Menschen können es nicht besser wissen, da ihnen Gott sei Dank ein solches Leid nicht widerfahren ist.

Nur sollten sie bedenken, dass man andere Menschen mit diversen Aussagen sehr verletzen kann“.

Mir wurde einmal gesagt „wenn ich mein Kind verlieren würde, das könnte ich nicht überleben“, wir haben eines verloren und wir leben auch noch, obwohl wir oftmals auch lieber tot gewesen wären. Wir versuchen unser Leben wieder einigermaßen in den Griff zu bekommen, jeder auf seine eigene Art. Nur wir selbst wissen, wie wir wieder ins Leben zurückfinden und was Trauer für uns bedeutet. Wir müssen unsere Trauer nicht anderen recht machen, sondern nur uns selbst.

Keiner weiß, was das jeden Tag für einen Kraftakt bedeutet, wieder am „normalen“ Leben teilzunehmen, zu sehen, dass sich die Welt eigentlich nicht verändert hat, nur deine eigene kleine Welt liegt in Trümmern.

Die Trauer und der Schmerz sind für uns sehr groß und das was in uns vorgeht ist sogar für uns manchmal schwer zu verstehen.

Es gibt Zeiten, da freu ich mich über einen neu beginnenden Tag, am Abend kommt dann aber die Ernüchterung und ich denke mir warum hat mir dieser Tag eigentlich so gut gefallen, wo ich ihn doch ohne meine Tochter verbringen musste und schlechtes Gewissen macht sich breit.

Und dann gibt es wieder Tage wo ich am liebsten den ganzen Tag im Bett bleiben würde, man muss sich jeden Morgen neu motivieren, damit man den Tag irgendwie auf die Reihe bringt.

Manchmal sitze ich im Auto und denke darüber nach welchen Baum ich nun nehmen soll um von dieser beschissenen Welt zu verschwinden. Doch es ist feige und unfair den anderen gegenüber, sich einfach so aus dem Leben zu schleichen. Die einzige Hoffnung die ich habe ist, dass ich Maria irgendwann wieder sehen werde und dass das was ich in den diversen Büchern gelesen habe auch stimmt.

Über Gott habe ich so meine eigene Meinung, die ich hier aber nicht niederschreiben möchte, aber wenn es ihn wirklich gibt, freue ich mich schon ihm meine Meinung sagen zu können und er wird mir auch einige Fragen beantworten müssen, die ich mir trotz vielem Lesen und Hinterfragen nicht erklären kann.

Wir haben viel Geld ausgegeben um über das Leben nach dem Tod etwas zu erfahren, doch wenn mir jemand sagt Maria geht es gut, ich muss sie loslassen und ich soll mich freuen, denn dort wo sie jetzt ist, geht es ihr besser als hier und es ist dort viel schöner als bei uns auf der Erde, so ist das zwar toll, aber bewiesen hat er mir mit seinen Worten nicht sehr viel. Für mich sind das nur leere Worte, die nur Nichtbetroffene von sich geben können, denn wenn ihr eigenes Kind sterben würde, würden sie bestimmt nicht mehr so reden.

Ich war mit meiner Schwester bei einem Medium und die Frau hat uns Sachen erzählt, die sie nicht wissen konnte, das war für mich ein Beweis.